Unordnung ist gefährlich
Eine Überschrift, die aus meiner Feder eher unglaubwürdig klingt. Wer mich kennt, weiß, dass Unordnung nur ein von der Gesellschaft aufgezwungenes Konzept ist, das man spielend leicht umgehen kann. Indem man sich einfach merkt, wo die Dinge sind, die man da hat fallen lassen, wo man gerade stand. Easy.
Woher also dieser Sinneswandel? Keine Sorge, es gibt gar keinen. Die Überschrift läutet nur einen Tatsachenbericht ein, der mich jedoch nicht auf Dauer bekehren wird. Seit Barbara Perfahl dereinst mein Arbeitszimmer mit mir neu gestaltet hat, ist viel passiert. Tatsächlich habe ich ein besseres Sortiersystem (gleiche Dinge an den gleichen Platz – klingt so, als würde man das eh so machen, es ist aber erstaunlich, wie oft das nicht der Fall ist), aber meine Tendenz zur Unordnung bleibt und wird von mir auch nicht aktiv bekämpft. Das wochenendliche Erscheinen von AirBnB-Gästen fördert zumindest das regelmäßige Aufräumen der Gästezimmereinflugschneise.
Restholzstapel
Wie auch immer. Als mein Fachwerk fertig renoviert war, wollten die Zimmermänner die alten Balken und das Holz vom Gerüst wieder mitnehmen. Ich schritt ein, schließlich war das Gerüst bezahlt worden und aus dem Holz könnte man sicher was Tolles bauen. Gartenmöbel zum Beispiel.
So lag das Holz nun also fast zwei Jahre in meinem Garten.
Im Februar fing ich an, Pläne für ein neues Bett zu machen, das fix umgesetzt wurde.
Im Juni hatte ich endlich eine gute Idee für eine Bank.
Der Holzstapel war nun so weit reduziert, dass er in den Keller wandern konnte. War aber trotzdem immer noch recht groß. Also zeichnete ich Baupläne für eine weitere Bank. Dafür holte ich zwecks Ausmessen und Schnittoptimierung diverse Bretter und Dachlatten wieder aus dem Keller hoch. Dann überkam mich akute Unlust und ein Eilauftrag, und da lagen sie nun. Als ich nur wenige Tage später im Dunkeln aus dem Badezimmer kam, stieß ich mir den mittleren Zeh des linken Fußes an einer der zugegebenermaßen nicht besonders geschickt platzierten Dachlatten. Salbe draufgeschmiert, ins Bett gegangen, am nächsten Tag Schmerzen, Krankenhaus, Zeh gebrochen, humpelhumpel. Folge: Am nächsten Tag den Freund die Bretter zusägen lassen, am Tag darauf die Bank gebaut. Währenddessen kam mir noch die Idee, ein Gartentor zu bauen. Nun werde ich also nachher ein paar Dachlatten hochholen und in die Diele legen, um dann in den nächsten Tagen … Ich weiß ja jetzt, wie man einen Dachziegelverband anlegt.
Bauen ohne Sinn und Verstand nur mit Zollstock und defektem Geodreieck
Sachen aus Holz zu bauen, macht mir jedenfalls unglaublich Spaß, wenn ich nicht allzu sehr auf rechte Winkel und exakte Schnitte achten muss. Präzisionsarbeit mag ich nur am Text. Baut mehr Sachen! Denn, wie sagte ein nicht besonders weiser Mann neulich in seiner nicht besonders guten Rede: „Wenn ein Baum gefällt werden muss, kann man sogar das Holz verwenden!“ Die Tatsache, dass er sich bei der Holzverwendung auf Rumstehbaumscheiben beschränkt, zeigt, wie vielseitig man Holz einsetzen kann. Nämlich praktisch und dekorativ. Oder unpraktisch und doof. So viele Möglichkeiten!
Nun werde ich immer, wenn ich mein Gesäß auf die Bank niederlasse, an meinen gebrochenen Zeh denken müssen. Und an die lustige Dame am Krankenhausempfang, die mich fragte, welcher Zeh es sei.
Ich: „Der mittlere.“
Sie: „Der zweite oder der dritte?“
Ich: „Der dritte. Ich habe fünf Zehen.“
Sie, lachend: „Ach ja, stimmt. Ich habe um sechs Uhr angefangen. Das ist echt nicht meine Zeit.“
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