Arbeitszimmerordnung
Vielleicht erinnert Ihr Euch noch. Im Januar habe ich mithilfe von Barbara Perfahl mein Arbeitszimmer umstrukturiert und großartig herumgetönt, dass es von jetzt an ordentlich bleiben würde.
In der Zwischenzeit erschien Barbaras Buch Ein Zuhause für die Seele, das ich eifrig gelesen habe. Vor der Lektüre hätte ich behauptet, mit meinem Zuhause sei alles okay. Währenddessen fiel mir dann auf, dass unser Gästezimmer (das zu einem guten Dreiviertel Rumpelkammer war) mir Unbehagen bereitete. Fazit: Inzwischen ist das Gästezimmer neu hergerichtet.
Aber wie macht Barbara diesen ganzen Wohnpsychokram eigentlich? Ich habe sie ein bisschen ausgequetscht. Und am Ende verrate ich Euch, was aus meinem Arbeitszimmer geworden ist.
Gesa: „Ein Zuhause für die Seele“ impliziert, dass das Zuhause sich primär nach den eigenen Bedürfnissen richten sollte. Den inneren, nicht den praktischen. Was sind die klassischen seelischen Bedürfnisse, die die Menschen haben?
Barbara [denkt Euch ihren wunderbaren österreichischen Akzent bitte unbedingt dazu!]: In Bezug auf das Wohnen gibt es sechs Grundbedürfnisse: Sicherheit, Erholung, Gemeinschaft, Selbstdarstellung, das Gestalten der Umwelt und ästhetische Bedürfnisse. Diese Funktionen sollte unser Zuhause also für uns erfüllen – wobei die Menschen sich ja deutlich darin unterscheiden, wie stark diese Bedürfnisse jeweils ausgeprägt sind. Für den einen ist super wichtig, dass seine Wohnung eine sichere Höhle ist (das ist der mit den fünf Schlössern an der Tür), der andere muss sich kreativ ausleben und räumt alle zwei Wochen die Möbel um. Und für den dritten ist es am wichtigsten, dass er möglichst viele Gäste empfangen und bewirten kann. Oft sind sich die Menschen ihrer Wohnbedürfnisse aber gar nicht bewusst.
Wie seelenlos sind die Wohnungen, zu denen du gerufen wirst? Wie hoch muss der Leidensdruck sein, bis man dich um Rat fragt?
Seelenlos sind eigentlich die wenigsten Wohnungen, zu denen ich gerufen werde. Für den Außenstehenden sehen die Wohnungen oft sogar richtig schön aus. Das Problem ist eher, dass die Bewohner sich in der Wohnung oder einem bestimmten Raum der Wohnung nicht so 100%ig wohl fühlen – und nicht wissen, warum.
Warum hast du dieses Buch geschrieben? Nimmst du dir damit nicht selbst die Kunden weg?
Ich habe schon vor Beginn meiner Selbständigkeit festgestellt, dass es sehr wenig Literatur zum Thema Wohnpsychologie gab, und die paar Bücher, die es gab, für ein wissenschaftliches Publikum geschrieben waren. Für den ratsuchenden Leser gab es praktisch nichts. Außerdem hatte ich das Bedürfnis, der Welt zu erzählen, was ich als Wohnpsychologin eigentlich so mache. :-) Ich glaube aber nicht, dass ich mir selber die Kunden wegnehme – vielleicht kann ein Teil meiner Leser mit Hilfe meines Buches alleine ein Wohnproblem lösen. Andere aber denken sich möglicherweise, das soll sich die Wohnpsychologin lieber doch einmal persönlich ansehen.
Ich habe erlebt, wie du arbeitest. So subtil, dass man es hinterher kaum benennen kann – und doch verschwinden die Problemzonen des Zimmers. Ist dieser Prozess für dich anstrengend oder fliegen dir die Antworten einfach zu?
Meist ist es für mich ganz leicht: Das, was ich sehe, verbindet sich meist schnell mit dem, das mir die Bewohner der Wohnung erzählen. Manchmal ist es aber auch recht knifflig, das eigentliche Problem zu finden – Spaß macht es mir aber immer!
Wie bist du auf die Idee gekommen, Wohnpsychologin zu werden? Wie sind die Reaktionen auf deinen Beruf?
Ich hatte nach Jahren des wissenschaftlichen Arbeitens und einer Leitungstätigkeit das Gefühl: War es das? Soll das so bis zur Rente weitergehen? Und ich bekam das unbändige Bedürfnis mich in meinem Beruf mit einem „schönen“ Thema zu beschäftigen, einem, das mir einfach Freude macht. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich den Gedanken hatte: Kann ich nicht einfach meinen erlernten Beruf, die Psychologie, mit meinem Traumthema Einrichten/Raumgestaltung kombinieren? Voilà! Da war sie, die Wohnpsychologie. Mit Freude habe ich damals festgestellt, dass sich auch die wissenschafltiche Psychologie schon lange mit dem Thema Architektur und Wohnen beschäftigt – und habe daraus dann ein Beratungsangebot entwickelt.
Du hilfst nicht nur Problemwohnungen, sondern auch Läden und sogar leeren Häusern, die verkauft werden sollen. Wie muss man sich das vorstellen?
Es geht im Grunde immer um die zwei Fragen: Wie wirken Räume auf uns und wie kann man Räume optimal für die jeweiligen Nutzer gestalten? Und bei Läden geht es darum, dass die Kunden sich wohl fühlen – dann kaufen sie mehr. Ich checke für meine Auftraggeber, ob es in ihrem Laden Optimierungsbedarf und -möglichkeiten gibt und mache dann Vorschläge zur Umgestaltung. Manchmal rufen mich Geschäftsinhaber aber auch, weil die Umsätze weit hinter den Erwartungen zurückbleiben und sich nicht genau erklären lässt, warum – das kann viel mit der Ladengestaltung zu tun haben. Beim Home Staging, also dem Herrichten von Immobilien für den Verkauf, geht es darum, mit Leihmöbeln und -dekoration aus einem leeren Haus ein Wohlfühlhaus zu machen. 80% der Kaufinteressenten können sich nämlich nicht vorstellen, wie leere Räume eingerichtet aussehen. Und auch ein Hauskauf ist eine emotionale Entscheidung – man kommt in ein Haus und hat sofort das Gefühl „Das könnte es sein!“ Oder eben nicht.
Und nun? Was sind deine nächsten Projekte? Oder bist du jetzt rundum zufrieden?
Rundum zufrieden – im Sinne von: alles erledigt – gibts bei mir fast nie. Im Moment denke ich gerade über das nächste Buchprojekt nach. Ganz oben auf meiner Liste steht aber das bisher vernachlässigte regelmäßige Schreiben von Blogbeiträgen – und mein neuer Newsletter. Außerdem gebe ich im August einen Workshop in Wohnpsychologie!
Vielen Dank, liebe Barbara!
Und nun zurück zum ursprünglichen Thema: mein Arbeitszimmer. Ich bin wahrhaft keine ordentliche Person, nein, das kann man wirklich nicht sagen. Ordnung halte ich nur in kleinen Dingen, mein Kopf ist sehr gut sortiert, obwohl ich manchmal denke, dass ich ihn öfter mal ausmisten sollte. In meinem Arbeitszimmer sammeln sich Zettel, Papiere (Zettel), Ausdrucke (Zettel) sowie die Kartons mit den Dingen, die irgendwann weggeschickt werden müssen. Ganz ehrlich also: Supermegaordentlich ist es hier nicht. Aber. Ich habe heute Morgen genau fünf Minuten lang das überflüssige Chaos beseitigt und das Zimmer sah wieder annehmbar aus. Das wäre früher in dem Zeitrahmen nicht möglich gewesen.
Ich habe inzwischen ein Stehpult von Freunden bekommen. Dort korrigiere ich Rätsel und balanciere dabei auf einem Ballkissen. Momentan stehen drei Computer unter meinem Schreibtisch – mein alter hat den Geist aufgegeben, wartet aber noch darauf, dass ich die restlichen Dateien aus ihm herausschneide. Und dann steht da der Ex-Computer meines Mannes, der ersatzweise einsprang [der Computer]. Das müsste nicht sein, Kategorie „Kann wech“, muss man sich aber drum kümmern. [Wo entsorgt Ihr Eure alten Hartwaren?]
Die Kanban-Wand ist nicht wieder auferstanden. Da ich momentan keine langwierigen Projekte habe, brauche ich sie aber auch gerade nicht.
Ach, Ihr wollt Fotos? Bitte!