29.05.1936: Mein einziger Puck! (Leni)

Hach, diese Sehnsucht!


N., den 29. Mai 36

Mein einziger Puck!

Ich hoffte heute bestimmt von Dir zu hören, aber leider wurde es nichts. Eine ganze Woche weiss ich nicht, wie es Dir geht, doch denke ich gut, denn meistens hat man gerade dann keine Zeit zum Schreiben. Mein Lieb, ich möchte Dir sehr schöne Pfingsttage wünschen, ich nehme an, dass Du morgen Ferien nimmst und wahrscheinlich dann mit Rainer fortfährst. Oder sollten sich Deine Pläne geändert haben. Wenn Du schon jetzt kommen willst, würde ich mich natürlich rasend freuen, es passt immer und wir könnten die Tage herrlich geniessen. Morgen kommen Albrecht und Götze und Sonntag Maria [nicht Lenis Schwester]. Nach Pfingsten kommt Alice. Wenn ich nur wüsste, wo Eure Tour hingeht, eventuell hätten wir uns ja auch unterwegs irgendwo treffen können. –
Gestern waren wir den ganzen Tag in Güstrow, es gab so vieles zu erledigen, nur kommt man in diesen Kleinstädten so langsam vorwärts. Momentan zieht Maria [Lenis Schwester] mit den Kindern und Mädchen in die Gartenwohnung, alles ist furchtbar beim einrichten beschäftigt, ausserdem wird dort noch gemalt.
Puck ich bin so viel auf meinem Rad unterwegs, es macht mir so unendlich viel Spaß, weil es immer wieder etwas neues zu sehen gibt, doch habe ich auf diesen Touren auch viel Zeit an dich zu denken, und möchte am liebsten alles mit Dir zusammen machen. Aber nächste Woche um diese Zeit ist es ja schon so weit, wenn Du nicht noch früher kommst. Wie hat man sich im Geschäft zu Deinen Ferien geäussert? Macht man lange Gesichter? –
Fährst Du viel in Deinem neuen Boot? Es ist hier so kalt, dass ich noch nicht einmal auf dem Wasser war, ich muss mich notwendig um die Boote kümmern, sonst sind sie nachher nicht fertig, wenn wir gern fahren wollen, ich nehme doch an, dass es nächste Woche endlich mal warm werden wird, denn dann ist schon Juni. Am 2. hat Mama Geburtstag, vielleicht könnte man dann eine nette Tour machen, damit sie hier mal nicht ist. Eventuell bleibt Albrecht ja auch so lange. Frl. Rut. kommt leider gleich nach Pfingsten, dann soll das Einführen hier in den Betrieb vor sich gehen, ich wollte so gern, dass sie noch jetzt kam, ich habe doch bestellen lassen, dass ich am 5. Besuch erwarte, denn ich will doch in den Tagen Deines Hierseins nicht dauernd im Kontor sitzen. Aber sie konnte es jetzt nicht mehr machen.
Mein Puck, von hier erzählen kann ich Dir garnichts, Du erlebst ja viel mehr täglich, denn hier ist ja jeder Tag eigentlich gleich. Es wäre zu schade, wenn nächste Woche die Kastanien- und Flieder-Blüte nicht mehr so schön ist wie jetzt, Du kannst Dir die augenblickliche Pracht einfach nicht vorstellen, es ist ganz fantastisch, da wir so ungeheuer viel von beiden haben. Mein Lieb, ich wünsche Dir so sehr, sehr schöne Tage, und möchte, dass Du es restlos geniesst, und vergisss ja nicht, falls sich Eure Tour zerschlagen sollte, hier herzu kommen, es geht immer. Es liebt Dich und schickt Dir 10 000 K.. und wartet sehr auf einen Brief

Deine Leni

Bitte grüße auch Deine Mutter und wünsche Ihr ebenfalls schöne Pfingsttage.